Die Qual der Wahl im Kleiderschrank

Die Qual der Wahl im Kleiderschrank

Kar- und Ostergottesdienste unter Ausschluss der Öffentlichkeit

Zum Gnadenbild der Muttergottes gehören Dutzende Kleider und hunderte Schmuckstücke – im Laufe des Kirchenjahres wird sie mehrfach umgezogen

Aachen. Auf diese Garderobe wären sicherlich viele Frauen neidisch: 48 Kleider aus feinsten Stoffen, gut 350 Schmuckstücke und diverse Schleier gehören zum Fundus des Gnadenbilds der Muttergottes im Aachener Dom. Die wertvolle Statue Marias mit Kind kann auf das 14. Jahrhundert zurückdatiert werden und hat seit jeher eine große Fangemeinde. Immer wieder kommt es vor, dass Gläubige Schmuckstücke, Rosenkränze oder andere Kostbarkeiten in den dazugehörigen Opferstock werfen. Auch viele namentliche Schenkungen sind verzeichnet. Inzwischen füllen die Preziosen mehrere Schatullen, Schmuckkästen und Tresorschubladen. „Wir wissen nicht, was das alles zusammengenommen für einen Wert hat“, sagt Dr. Birgitta Falk, Leiterin der Domschatzkammer. „Aber wir katalogisieren jedes einzelne Stück und verwenden viele Teile auch.“

 

Seit Jahrhunderten ist es Tradition, das Gnadenbild im Laufe des Kirchenjahres  in den jeweils anlassbezogenen liturgischen Farben anzukleiden und zu schmücken. Insgesamt 16-mal werden die Kleider gewechselt. Vor den Hochfesten und besonderen Festtagen obliegt es Textilrestauratorin Monica Paredis-Vroon, die prächtigen Gewänder im Magazin durchzusehen und ein „Outfit“ zusammenzustellen. Insbesondere jetzt in der Karwoche hätte sie normalerweise die Qual der Wahl, da traditionell vier Kleiderwechsel anstünden. „In diesem Jahr minimieren wir den Aufwand. Palmsonntag wird von Violett auf schlichtes Dunkelrot geschaltet und zur Osternacht auf prächtig Weiß“, erklärt sie und zieht große Schubladen aus zwei Schränken in der neuen Sakristei auf. Nicht alle Kleider möchte sie mehr öffentlich ausstellen, denn einige sind bereits sehr alt und anfällig für eventuelle Schäden.

 

Das älteste Kleid stammt aus dem Jahr 1627 oder 1629

Das älteste Kleid stammt aus dem Jahr 1627 oder 1629 und ist eine Schenkung Isabella Clara Eugenias, spanische Infantin und Statthalterin der spanischen Niederlande (1566-1633). Beinahe ehrfürchtig streift Monica Paredis-Vroons Blick über den ursprünglich silbernen Stoff, der stark nachgedunkelt ist. „In diesem Kleid mit seinen floralen Motiven sind rund 70.000 Flussperlen eingearbeitet. Manche sind so klein wie ein Splitter, andere wie ein Stecknadelkopf oder größer. Wenn man genau hinsieht, erkennt man, dass die Lilien beispielsweise komplett aus Mikroperlen bestehen.“ Dieses historische Gewand wird nur alle sieben Jahre während der Heiligtumsfahrt aus dem Depot geholt und Maria vorsichtig um die Schultern gelegt.

Die Suche geht weiter. Die Diplom-Konservatorin hat ein allseits bekanntes Problem: der Schrank ist voll, aber sie findet nichts Passendes zum Anziehen. „Ich brauche etwas Schlichtes, aber die meisten Kleider sind nicht schlicht!“ Nach einer Viertelstunde hat sie sich für zwei Gewänder entschieden. Mit der Auswahl der Accessoires – in diesem Fall ein Schleier und passender Schmuck – folgt der Feinschliff. Die „Schatztruhen“ sind bestens gefüllt. Goldkreuze und Perlenketten in verschiedenen Größen und Farbtönen, Rosenkränze, Uhren, Broschen oder sogar Hermelinchen – die Auslage eines Juweliers könnte da kaum mithalten. „Ja, es macht  Spaß, die Muttergottes einzukleiden. Das gehört sicherlich zu den Highlights meiner Arbeit“, schmunzelt Monica Paredis-Vroon. In ihren Händen liegt der umfangreiche Textilbestand der Domschatzkammer mit rund 2400 Objekten. Neben dem Schatz des Gnadenbildes betreut sie unter anderem die Paramentensammlung und die frühmittelalterlichen Stofffragmente.

In diesem Jahr werden nicht viele Menschen sehen können, welche Festtagskleider Maria  tragen wird. Wegen der Coronakrise finden die Kar- und Ostergottesdienste unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, können jedoch im Internet mitverfolgt werden. Der Dom ist zwar weiterhin für Betende geöffnet, Besichtigungen sind jedoch nicht gestattet. Das Domkapitel wird daher Fotos der gewechselten Kleider auf seiner Webseite www.aachenerdom.de zeigen.

 

Denkanstöße und Mutmachgedanken aus dem Dom

Mit geistlichen Impulsen möchte das Domkapitel zwischen Palmsonntag und Ostersonntag zum Zuhören, Nachdenken und Besinnen einladen
Aachen – Mit insgesamt acht „Impulsen aus dem Dom“ möchte das Aachener Domkapitel von Palmsonntag bis Ostersonntag einen Bogen von ausgewählten Orten und Sehenswürdigkeiten zu den religiösen und spirituellen Bedeutungen des jeweiligen Tages spannen, an dem sie ausgestrahlt werden.
Für zahlreiche Menschen liegt in den diesjährigen Kar- und Ostertauf das Osterfest einstellen will. Die Vorstellung, gerade in dieser Zeit keinen Gottesdienst besuchen zu können, fällt vielen Gläubigen nicht leicht. Schließlich fehlen dadurch die Emotionalität und Spiritualität dieser besonderen Tage mit ihren Wechselbädern der Gefühle zwischen Trauer und österlicher Freude.

Gottesdienste an den Kar- und Ostertagen mit Bischof Dr. Helmut Dieser werden live übertragen

Aus diesem Grund überträgt das Bistum Aachen die Gottesdienste an den Kar- und Ostertagen mit Bischof Dr. Helmut Dieser live aus dem Dom und bietet den Menschen auf den digitalen Kanälen die Möglichkeit, die Vorbereitung auf das höchste Fest des Kirchenjahres und dessen Feier mitzuerleben. Das Aachener Domkapitel möchte dieses Angebot mit den täglich wechselnden „Impulsen aus dem Dom“ ergänzen. Veröffentlicht werden sie auf den Internetseiten www.bistum-aachen.de und www.aachenerdom.de sowie auf dem YouTube-Kanal des Bistums Aachen youtube.com/bistumaachen und dem Facebook-Kanal des Bistums Aachen facebook.com/bistumaachen.

„Wir möchten den Menschen jetzt, wo sie nicht so gut nach hier kommen können, einerseits den Dom nahebringen. Und andererseits wollen wir Denkanstöße zum Nachdenken und zur Besinnung liefern. Vielleicht finden die Zuschauer beim Betrachten ein wenig Zeit und Ruhe für sich selbst, für ihre persönliche Beziehung zu Gott und ihren Glauben. Dazu möchten wir gerne beitragen“, erklärt Dompropst Rolf-Peter Cremer die Intention.

Folgende Reihenfolge ist geplant:
•        Palmsonntag: Domkapitular Msgr. Gregor Huben (Pala d’oro)
•        Karmontag: Domvikar Thomas Schlütter (Lotharkreuz)
•        Kardienstag:Domvikar Thomas Schlütter (Gefäße der Ölweihe)
•        Karmittwoch:Domvikar Matthias Fritz (Orgel, „O Haupt voll Blut und Wunden“)
•        Gründonnerstag: Domvikar Matthias Fritz (Kaiserthron)
•        Karfreitag: Dompropst Rolf-Peter Cremer (Marienschrein: Lendentuch)
•        Karsamstag:Domkapitular Msgr. Gregor Huben (Grabplatte Allerheiligen-Kapelle)
•        Ostersonntag: Dompropst Rolf-Peter Cremer (Barbarossaleuchter, Platte: Frauen am Grab)

 


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Vor den Hochfesten und besonderen Festtagen obliegt es Textilrestauratorin Monica Paredis-Vroon, die prächtigen Gewänder im Magazin durchzusehen und ein „Outfit“ zusammenzustellen. Foto: Domkapitel Aachen


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