Solidarität mit der Ukraine

Ein Jahr Krieg in der Ukraine: „Unsere Welt ist eine andere“

  • Oberbürgermeisterin Sibylle Keupen: „Der Glaube an immerwährenden Frieden in Europa hat sich als trügerisch erwiesen.“
  • Eine Welle der Solidarität: Die Hilfe von Stadtgesellschaft und Verwaltung lief unmittelbar an – und das Netzwerk trägt bis heute.
  • Der Karlspreis 2023 geht an das ukrainische Volk, das auch die europäische Idee der Demokratie, des Friedens und der Freiheit verteidigt.

24.2.2023: Der Morgen des 24. Februar 2022 brachte niederschmetternde Nachrichten und Bilder: In Europa herrscht wieder Krieg! Russland hatte seinen Nachbarstaat Ukraine überfallen. All die mahnenden Stimmen, die vor diesem Schritt gewarnt hatten, behielten leider Recht, obwohl so Viele gehofft hatten, die Beschwichtigung Russlands, seinen westlichen Nachbarn nicht anzugreifen, möge wahr sein. Alle wurden bitter getäuscht und enttäuscht: „Seitdem ist unser Leben, ist unsere Welt eine andere. Der Glaube an immerwährenden Frieden in Europa hat sich als trügerisch erwiesen“, so Aachens Oberbürgermeisterin Sibylle Keupen, auch ein Jahr nach Kriegsbeginn immer noch fassungslos von den Ereignissen, von Kriegsverbrechen, dem Bruch des Völkerrechts, von dem Leid, das der russische Angriffskrieg den Menschen in der Ukraine tagtäglich abverlangt. Chernihiv, die Aachener Solidaritätspartnerstadt in der Ukraine, ist mittlerweile zu 70 Prozent zerstört.

Oberbürgermeisterin ist stolz auf die Aachener*innen

Von Anfang an galt es zu handeln – auch in Aachen. Es galt, die Solidarität der Aachener Stadtgesellschaft zu aktivieren, die sie bereits in vielen anderen Krisen eindrucksvoll bewiesen hatte. Denn eins war klar: Viele Menschen, vor allem Frauen und Kinder, würden innerhalb des eigenen Landes, in die Nachbarstaaten und in die restliche EU flüchten. Aktuell sind derzeit gut 2.650 Personen aus der Ukraine in Aachen – 900 davon in Unterkünften, die von der Stadt gestellt werden. Über das gesamte Jahr waren es deutlich mehr, die zunächst nach Aachen kamen, um dann weiter zu Freunden oder Verwandten zu reisen. Allein bis August kamen mehr als 2.000 Menschen. Acht Millionen Menschen leben mittlerweile in europäischen Staaten als Geflüchtete, weitere 5,4 Millionen Menschen sind innerhalb der Ukraine auf der Flucht. Bereits zwei Tage nach dem Angriff kamen die ersten Hilfesuchenden in Aachen an – nach einer anstrengenden Odyssee, oft nur mit dem, was in einen Rucksack oder Koffer passte, teilweise ihr Haustier auf dem Arm, sichtlich traumatisiert von den Geschehnissen in ihrer Heimat.

Auf die Aachenerinnen war wie immer Verlass: Die Stadtverwaltung bündelte ihre Fachleute aus den unterschiedlichsten Bereichen, koordinierte die Unterbringung, teils in privaten oder angemieteten Unterkünften, teils in städtischen, ab Mitte des Jahres, auch in städtischen Sporthallen. Regelmäßige „Krisenstäbe“ bewerteten die sich stetig ändernde Lage, stießen weitere Hilfe an, steuerten Angebote. Kinderbetreuung wurde organisiert, bald auch KiTa- und Schulplätze angeboten. Spontan bildeten sich private Hilfsaktionen, teilweise aus der in Aachen lebenden ukrainischen Gemeinde – in Aachen sind derzeit 3.601 Ukrainerinnen gemeldet – den politischen Parteien, aber nicht nur: Die Aachener*innen wurden aktiv, brachten ganze Familien privat unter, spendeten Geld, Kleidung, Hygieneartikel, Spielzeug und alles, was die hier Ankommenden dringend benötigten, brachten sich mit bürgerlichem Engagement ein. Oberbürgermeisterin Keupen: „Ich bin stolz auf unsere Stadt und die Menschen dieser Stadt, die ohne zu fragen, ihre Türen und Arme weit geöffnet haben. Wir in Aachen standen zu unserem Versprechen, sicherer Hafen für Menschen aus Kriegsgebieten zu sein.“

Spontane Netzwerke, die bis heute tragen

Schnell wurde im Depot Talstraße ein „Engagement Center“ eingerichtet, als zentrale Anlaufstelle für die Geflüchteten und auch für Bürgerinnen, die sich einbringen wollten oder Hilfe von Behörden brauchten: Beratung durch die Verwaltung, Sammeln von Spenden durch Vereine und Initiativen, aber auch ein wichtiger Treffpunkt für die Menschen aus der Ukraine, um sich mit den Landsleuten auszutauschen, sich gegenseitig zu helfen und zu trösten. Dieses Angebot konnte mittlerweile wieder komplett zurückgefahren werden. Aber das Engagement, die Hilfe, die Beratung – ob nun bei Initiativen, Bürgerinnen oder der Verwaltung – hält dezentral an, Netzwerke sind entstanden, die bis heute tragen.

Aber Sibylle Keupen ist nicht nur stolz auf die Stadtgesellschaft, die gezeigt habe „dass die Menschlichkeit in unserer Welt die Dunkelheit erhellt“, sondern auch auf „die europäische Gemeinschaft, die angesichts der massiven Bedrohung geeint dem Aggressor gegenübertritt und zeigt, dass die Völker der Union eben doch mehr eint, als die Wirtschaft“.

Karlspreis für „Mut und Entschlossenheit“ des ukrainischen Volks

„Menschen, die seit einem Jahr jeden Tag kämpfen und ihr Leben aufs Spiel setzen, um ihr Land zu verteidigen und damit auch die europäische Idee der Demokratie, des Friedens und der Freiheit. Werte, die uns in der europäischen Gemeinschaft einen. Für diesen Mut und diese Entschlossenheit werden wir dem ukrainischen Volk und seinem Präsidenten in diesem Jahr den Karlspreis verleihen. Damit möchten wir aus Aachen ein Signal in die Welt senden, dass wir daran glauben, dass Menschlichkeit, dass die Demokratie am Ende siegen wird“, stellt Oberbürgermeisterin Keupen noch einmal deutlich heraus, warum das ukrainische Volk die Auszeichnung erhält.

Dabei erinnert sie auch an die vielen Krisen, Kriege und an die Unterdrückung weltweit, etwa im Jemen, in Afghanistan, Myanmar, Syrien, Belarus und „in den ganzen Staaten, in denen sich die Diktatoren auf der Siegesstraße wähnen“. Die Oberbürgermeisterin ist überzeugt: „Ihr werdet niemals siegen, weil Unrecht niemals Recht wird.“


Ukraine-Flüchtlinge: Keine Notwendigkeit, sich im Ausländeramt registrieren zu lassen!

10.3.2022: Derzeit kursierende Meldungen, dass Menschen, die aus der Ukraine geflohen sind, sich ab Montag bei dem Ausländeramt der StädteRegion Aachen melden sollen, sind falsch! Das hat die StädteRegion Aachen jetzt klargestellt.

Vertriebene Menschen aus der Ukraine sind aufgrund der Ministerialverordnung, die am 09.03.2022 in Kraft getreten ist, zunächst bis zum 23.05.2022 vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels befreit. Das bedeutet konkret: Sie müssen nicht schnellstmöglich und schon gar nicht in der kommenden Woche bei der Ausländerbehörde vorsprechen. Es ist zudem davon auszugehen, dass diese Frist auch über den 23.05.2022 hinaus verlängert wird.

Das Verfahren unterscheidet sich damit deutlich vom bisher üblichen Verfahren der Flüchtlingsaufnahme. Die Leistungserbringung für die ukrainischen Menschen und die Unterbringung wird in den Kommunen vor Ort bearbeitet, nicht im Ausländeramt! Es ist nicht zielführend und notwendig sich ab Montag in Schlangen vor dem Ausländeramt anzustellen. Dort herrscht derzeit aufgrund von auch coronabedingten Personalausfällen und (noch) nicht besetzten Stellen ohnehin schon eine angespannte Situation.

Natürlich werden Menschen aus der Ukraine, die beim Ausländeramt der StädteRegion vorsprechen möchten, auch kurzfristig bedient. Es besteht derzeit aber keineswegs die Notwendigkeit, zum Ausländeramt zu kommen!


Ukrainische Bürgerinnen und Bürger sammeln in Jülich

Jülich. „Wir werden Ihnen helfen, wie wir nur können“, so Bürgermeister Axel Fuchs, der im Jülicher Rathaus ukrainische Mitbürgerinnen und Mitbürger empfing, um Solidarität zu bekunden und Unterstützung der Stadt Jülich zuzusichern.

1.3.2022: Rayisa Fits lebt seit vielen Jahren mit ihrer Familie in Jülich. Gemeinsam mit 15 hier lebenden ukrainischen Familien, ukrainischen Studierenden und Doktoranden will sie den vom Krieg bedrohten Menschen in der Ukraine helfen. „Wir alle sind traumatisiert von den schrecklichen Ereignissen in unserem Heimatland“, sagt Rayisa Fits, „die Nachrichten und Bilder vom Angriffskrieg Putins gegen unser Volk, unsere Familien und Freunde, lassen uns nicht schlafen. Wir müssen etwas tun, wir wollen helfen.“

Darum organisiert Rayisa Fits nun eine Sammlung von Sachspenden in Jülich. Sie ist per E-Mail erreichbar unter juelich.fuer.ukraine@gmail.com. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung haben ihre Hilfe angeboten. „Natürlich unterstützen wir unsere ukrainischen Mitbürgerinnen und Mitbürger bei ihrem Vorhaben, das ist selbstverständlich“, sagt Dezernent Richard Schumacher. Die städtischen Mitarbeitenden Beatrix Lenzen und Mohamed Khomassi helfen bei der Koordinierung der Spendensammlung und aktivieren ihre Netzwerke. Auch Doina Rück, gebürtig aus Moldawien und in Jülich lebend, will sich engagieren. In ihrer Heimat sind bereits viele Geflüchtete aus der Ukraine aufgenommen worden, auch hier werden Hilfsgüter benötigt für die Versorgung der geflüchteten Ukrainer. Doina Rück engagiert sich seit Jahren in der Flüchtlingshilfe in Jülich und ist stellvertretende Vorsitzende des Integrationsrates.

Vor dem Rathaus und im Großen Sitzungssaal empfing Bürgermeister Axel Fuchs die ukrainischen Familien aus Jülich, die eine Hilfsaktion für ihre Landsleute organisieren. Foto: Stadt Jülich/Gisa Stein
Vor dem Rathaus und im Großen Sitzungssaal empfing Bürgermeister Axel Fuchs die ukrainischen Familien aus Jülich, die eine Hilfsaktion für ihre Landsleute organisieren.
Foto: Stadt Jülich/Gisa Stein

Bürgermeister Axel Fuchs empfing vor dem Rathaus ukrainische Familien, um ihnen die Solidarität der Jülicher Bevölkerung zuzusichern. „Jetzt ist die Solidargemeinschaft der Menschen gefragt, die für demokratische Werte eintritt. Es ist selbstverständlich, dass wir helfen und an Ihrer Seite stehen – und wir werden uns noch lange Zeit kümmern.“

Gesammelt werden die wichtigsten Dinge des täglichen Bedarfs für das Überleben: haltbare Lebensmittel, Babyartikel, Hygieneartikel, aber auch Gaskocher mit Gaskartuschen, Isomatten, Schlafsäcke, Taschenlampen mit Batterien und vieles andere. Bürgerinnen und Bürger, die Sachspenden abgeben wollen, sollten sich bitte vorher unbedingt mit den vorbereiteten Checklisten und Packhinweisen informieren, welche Sachen gebraucht werden.

Zur Versorgung der Verwundeten werden dringend Verbandsmaterial, Medikamente und medizinische Materialien benötigt. Auch hierzu wurden Checklisten vorbereitet. „Wir bitten insbesondere die Apotheken in Jülich, die Krankenhäuser in der Region und medizinisches Personal um Unterstützung mit entsprechenden medizinischen Sachspenden,“ erklärt Beatrix Lenzen. „Die Not ist groß, wir können uns hier nicht vorstellen, was die Menschen in der Ukraine gerade durchmachen.“

Die in Jülich ansässige ukrainische Spedition Agilis Jettenders GmbH, Familie Starchenko, wird die Hilfsgüter direkt nach Lemberg in die Ukraine transportieren, von dort wird die Verteilung zentral erfolgen. Die Stadt Jülich stellt einen Lagerraum und Verpackungsmaterial zur Verfügung. Die Sachspenden können ab Donnerstag, 3. März in der Rurauenstr. 10 am Sportstadion in Jülich abgegeben werden: Donnerstag von 10-12 und 17-19 Uhr, Freitag 10-12 und 16-19 Uhr, Samstag und Sonntag 12-16 Uhr sowie Montag von 10-12 und 17-19 Uhr. Die Übersicht über die Annahmezeiten, Checklisten und Packhinweise sind erhältlich an der Infotheke des Neuen Rathauses zu den Öffnungszeiten oder können angefordert werden bei der Hotline der Stadt Jülich, Telefon: 02461-63605oder bei Beatrix Lenzen, Stadt Jülich, E-Mail: BLenzen@juelich.de. In Kürze werden diese Informationen auch auf der städtischen Homepage www.juelich.de zu finden sein.

Wer kein Auto zur Verfügung hat, kann eine Abholung der Sachspenden unter den oben genannten Telefonnummern vereinbaren. Unterstützung durch Jülicher Spediteure ist erwünscht. Auch weitere praktische Hilfe ist jederzeit willkommen.

Auch wird derzeit eine Liste erstellt von Bürgerinnen und Bürgern, die kurzfristig vorübergehend Schlafplätze für Geflüchtete aus der Ukraine zur Verfügung stellen können. Schon jetzt gibt es viele Angebote, die zeigen, dass die Hilfsbereitschaft der Jülicher Bevölkerung groß ist. Geldspenden können auf das Spendenkonto bei der Stadt Jülich (IBAN DE44 3955 0110 0000 0254 11) mit Verwendungszweck „Spende Ukraine“ überwiesen werden.


Aachen demonstriert Solidarität mit Ukraine

24.2.2022: Die Stadt Aachen ruft in einem breiten Bündnis mit dem Aachener Friedenspreis e. V., den politischen Parteien und dem DGB NRW Südwest dazu auf, Solidarität mit den Menschen in der Ukraine zu zeigen. Am Freitag, den 25.02.2022, um 17 Uhr wird dazu am Markt vor dem Rathaus eine Solidaritätskundgebung für die Ukraine stattfinden. Im Anschluss organisieren Aachener Friedenspreis und Pax Christi um 18 Uhr in der Citykirche eine Mahnwache mit Friedensgebet.

Oberbürgermeisterin Sibylle Keupen lädt alle Aachenerinnen und Aachener ein, teilzunehmen und erklärte dazu: „Der erste Angriffskrieg nach 1939 auf ein Land in Europa ist ein massiver Verstoß gegen das Völkerrecht und das Selbstbestimmungsrecht der Ukraine mit ihrer demokratisch gewählten Regierung. Durch die Kundgebung möchten wir zeigen, dass wir für den Frieden in Europa eintreten und eng an der Seite der Menschen in der Ukraine stehen.“

Seit dem heutigen Vormittag hängen als Zeichen der Verbundenheit Fahnen der Mayors for Peace, der EU und der Ukraine an der Rathaus-Fassade.

Noch am vergangenen Wochenende hatte Keupen beim Treffen mit der designierten Karlspreisträgerin Swetlana Tichanowskaja auf der Münchener Sicherheitskonferenz an die Verantwortlichen appelliert, weiter gemeinsam am wertvollen Gut des Friedens in Europa zu arbeiten.


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